Ich bin Kinderpfleger, Heilerziehungspfleger und Sozialpädagoge (B. A.) und arbeite seit 15 Jahren im sozialen Bereich und habe dort verschiedene Tätigkeitsfelder durchlaufen. Am besten hat mir die Arbeit mit Kindern und deren Familien und auch die Zusammenarbeit mit meinen Kolleginnen und Kollegen gefallen. 

Was mir auffällt, ist die Tatsache, dass sich in den letzten zehn Jahren der Fokus sehr verändert hat. Ebenso hat sich in dieser Zeit das Rollenverständnis zwischen Männern und Frauen sehr gewandelt. Es ist heute absolut legitim, wenn Familien ihre Kinder in die Krippe bringen – oftmals ist dies auch zwingend notwendig, da das Gehalt von beiden Eheleuten benötigt wird, um beispielsweise die Miete zu bezahlen.

In Deutschland hängt der schulische und berufliche Erfolg von Kindern nachweislich vom Geldbeutel der Eltern ab. Dies bedeutet, dass Armut sich auf die nächste Generation überträgt. Gerade im Ausbau der frühkindlichen Bildung besteht die Möglichkeit, Bildungs- und Teilhabechancen massiv zu erhöhen und so endlich eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen.

Die frühkindliche Bildung nimmt einen immer größer werdenden Stellenwert ein und das aus gutem Grund! In den ersten Lebensjahren lernen die Kinder richtig viel, das alte Sprichwort „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ trifft vollkommen zu. Die Förderung der Krippenkinder darf allerdings nicht dazu führen, dass die Kinder wie Grundschüler einen Lehrplan erhalten. Wichtig ist das kindliche Spiel, die kindliche Interaktion mit der Umwelt und aufmerksame Erzieher und Erzieherinnen. Je jünger die Kinder sind, desto wichtiger ist eine pädagogische Fachkraft, die sofort die Bedürfnisse und aktuelle Befindlichkeit von Kindern erkennt!

Hier kommt es zu den ersten Problemen in der Praxis, dem Personalschlüssel. In Bayern gibt es in der Regel den Personalschlüssel von 1 : 8,5. Dies bedeutet, dass eine Erzieherin beziehungsweise ein Erzieher 8,5 Kinder betreut. Optimal wären aber nach Einschätzung der Bertelsmann Stiftung ein Schlüssel von 1 :7,5.

Während der täglichen Arbeit ist es ganz normal, dass eine Kollegin oder ein Kollege krank wird, auf Fortbildung ist oder eine Kollegin schwanger wird. Somit kann in der Realität von einem wesentlich schlechteren Personalschlüssel ausgegangen werden – und die Kinder? Die Kinder werden dann von weniger Personal betreut, das im höchsten Maß belastet ist, durch Dokumentationen, Projektarbeiten, durch Entwicklungsgespräche und die tägliche pflegerische und erzieherische Aufgabe.

Das Ergebnis ist dann leider eines, das ich häufig von älteren Kolleginnen oder Kollegen höre: „Diesen Beruf hätte ich nicht noch mal gelernt, lieber etwas anderes.“ Oder: „Ich bekomme so wenig Geld für diese Verantwortung“. Ist es jetzt polemisch oder ist der anfängliche berufliche Idealismus verflogen?

Die Wahrheit ist, dass pädagogische Fachkräfte in Vollzeit mit 2685 Euro Brutto einsteigen. Maximal, nach 30 Jahren im Beruf sind es 3700 Brutto. Die Bezahlung spiegelt sicherlich nicht die geleistete Arbeit wider. Kinder beim Spielen zu beobachten, für die Kinder da zu sein, zuhören, miteinander zu spielen, Geschichten vorzulesen, emphatisch zu sein, Kinder in den ersten Lebensjahren zu begleiten, die Kinder auf die Schule vorzubereiten – all das benötigt ein breites Fachwissen bezüglich der kindlichen Entwicklungspsychologie, der Soziologie sowie Gesprächsführung, um nur einige zu nennen. Darüber hinaus braucht es aber auch ein Demokratieverständis, um dies den Kindern beizubringen, die Fähigkeit, ein Kassenbuch und Mitarbeitergespräche zu führen. Ich finde, die Kolleginnen und Kollegen haben endlich viel mehr Geld und Anerkennung verdient!

Zukünftig wird auch die Bedeutung von Horten und der Ausbau von Ganztagsschulen zunehmen. Hierbei ist es absolut notwendig, dass auch die Ferien mit einem ansprechenden Programm abgedeckt sind – die Frage muss aber lauten: „Was interessiert die Kinder?“ und nicht „Wir haben für ein Projekt Geld übrig, also müssen wir in den Zoo gehen!“. Eine enge Verzahnung von Schule und Jugendhilfe ist auch bei Ganztagsschulen unabdingbar.

Was tun? Die Kolleginnen und Kollegen legen den Grundstock für unsere Gesellschaft und unsere Demokratie. Wichtig ist zum einen, sich in einer Gewerkschaft zu engagieren und auch das Gespräch mit Politikern und Politikerinnen zu suchen. Hier nehme ich die Kolleginnen und Kollegen ganz klar in die Pflicht – ihr müsst in die Gewerkschaft eintreten!

Die sogenannte christliche und soziale Union hat die undemokratische absolute Mehrheit. Sie kann sofort an den Stellschrauben drehen, um die tägliche Arbeit von Erzieherinnen und Erziehern zu verbessern! Allerdings – und das ist in Bayern klarer als im Bund – hat die CSU ein rückwärtsgewandtes Frauen- und Gesellschaftsbild. Dies zeigt die geplante Einführung des Landeserziehungsgeld sehr gut. Dieses Geld sollte in die Ausbildung von angehenden pädagogischen Fachkräften gesteckt werden. Auch das Baukindergeld subventioniert genau die Mittelschicht, die bereits gut dasteht, ohne auf Alleinerziehende oder Familien mit geringem Einkommen Rücksicht zu nehmen. Unter dem Deckmantel der Wahlfreiheit wird die Kindertagesbetreuung als Ideologie negativ konterkariert, hierbei gehen massive gesellschaftliche Gestaltungsspielräume verloren.

Ich plädiere für einen massiven Ausbau der Ganztagsbetreuung, die für alle kostenfrei ist. Kostenfreie Bildung und Betreuung von der Krippe hin zum Kindergarten und Horten bis zu den berufsbildenden Schulen wie Meister- oder Technikerschulen ist der Schlüssel für eine demokratische und moderne Gesellschaft. Jedes Kind in unserem Land verdient die bestmögliche Förderung und jede Familie muss bestmöglich unterstützt werden. Kostenfreie Bildung bedeutet letztlich auch, die Bildungs- und Teilhabechancen vieler Kinder zu erhöhen. Wir können es uns nicht leisten, auch nur ein Kind zu verlieren. Die Folgekosten, gesellschaftlich und auch für das jeweilige Kind, sind viel zu hoch!

Jedes Kind muss mit dem Gewissen aufwachsen: Ich bin ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft und ich kann alles erreichen, wenn ich mich anstrenge!

Andreas Fischer, Sozialpädagoge (B. A.)
Landtagskandidat im Stimmkreis 124 Neuburg-Schrobenhausen

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