Weltfrauentag oder doch besser Frauenkampftag? Wir lassen zwei Jusos zu Wort kommen. In einem sind sich beide einig: es liegt noch ein langer Weg vor uns. Gut, dass wir Jusos alle Feministinnen und Feministen sind.

Angela Gleißl

Am Weltfrauentag erinnern wir uns an all die Errungenschaften, die von
und für Frauen* in der Vergangenheit erkämpft worden sind. Vieles was
uns heute absolut natürlich erscheint, war vor noch vor 100 Jahren
revolutionär oder sogar noch unvorstellbar. Erst seit 1908 dürfen sich
Frauen* in politischen Parteien engagieren und an Versammlungen
teilnehmen. Der Kampf für das Frauenwahlrecht in Deutschland hat fast 70
Jahre gedauert und wurde am 30. November 1918 eingeführt. Mit dem
Wahlrecht war Frauen* aber noch lange keine Selbstbestimmung erlaubt. Im
Job und in der Freizeit sind noch mehrere Jahrzente vergangen, bevor
Frau* nicht mehr durch ihren Vater, Bruder oder Ehemann fremdbestimmt
wurden. Am Weltfrauentag feiern wir diese und viele weitere Siege von
Feminist*innen über den Sexismus und das Patriarchat.

Der Weltfrauentag ist Feier und Mahnung zugleich. Auch heute sind wir
noch weit von einer Gleichstellung entfernt.
In der Werbung werden Frauen* immer noch als Sexobjekt dargestellt.
Frauen* verdienen nach wie vor in fast allen Bereichen der freien
Wirtschaft nicht so viel wie ihre Kollegen*.

Trotz der Frauenquote von 30% in Führungspositionen bleibt Deutschland
eines der Schlusslichter im Vergleich zu anderen Ländern der EU.
Inzwischen sind 22% der Führungspositionen durch Frauen* belegt. Auch
diese verdienen 23,4% weniger als Männer* in Führungsriegen. Von 2006
bis 2017 hat sich der Anteil der Frauen* in den Vörständen der 200
größten Firmen Deutschlands fast versiebenfacht – auf 8,1%.

In der Wissenschaft stoßen Frauen* auch noch immer an die gläserne
Decke. Obwohl inzwischen mehr als die Hälfte der Studienbeginner*innen
weiblich ist, sinkt der Anteil an Frauen* stetig je höher der
(angestrebte) Abschluss ist. Vor allem in Naturwissenschaften müssen
Frauen* noch immer stärker gefördert werden. Dies fängt bereits im
frühkindlichen Alter an. Projekte die Mädchen für Naturwissenschaften
gewinnen, wie z.Bsp. der Girl’s Day des BMBF, müssen noch breiter
durchgeführt und beworben werden.

Auch in der Politik sind Frauen* noch unterrepräsentiert. Bei der
letzten Bundestagswahl waren lediglich 30% der Kandidat*innen weiblich.
In der SPD ist gerade mal ungefähr jedes 3. Mitglied weiblich. Im
vergangenen Jahr konnten wir viele motivierte Neumitglieder gewinnen.
Diese sind fast ausschließlich männlich. Auch in unserer Partei müssen
Frauen* noch mehr gefördert werden.

Die Rolle der Frau* in der Familie hat angefangen sich zu verändern. Das
ElterngeldPlus motiviert vor allem Väter dazu in Elternzeit zu gehen.
Nach wie vor sieht unsere patriarchalisch geprägte Gesellschaft die
Aufgabe der Kindererziehung bei den Müttern. Bei Bewerbungen müssen
Frauen* nach wie vor regelmäßig Auskunft über ihre Familienplanung
geben. Aufgrund der schlechteren Bezahlung von Frauen* haben Familien
oftmals nicht die Freiheit zu entscheiden, welches Elternteil sich um
Kindererziehung kümmert. Wenn Frau* später versucht wieder zu arbeiten,
landet sie oft in der Teilzeitfalle und ist im Alter nicht in der Lage
für sich selbst zu sorgen.

Der Weltfrauentag zeigt uns jedes Jahr, dass wir auf einem Weg sind, der
bei Gleichberechtigung im Gesetz angefangen hat. Am Ende dieses noch
langen Weges steht eine echte Gleichstellung von Mann* und Frau*. Bis
dahin ist der Weltfrauentag eine Feier der bisherigen Erfolge, eine
Erinnerung an aktuelle Kämpfe und eine Mahnung an weitere vorhandene
Missstände.

Nico Wunderle

Heute ist Weltfrauentag. Dies ist weit mehr als ein „Ich-schenke-einer-Frau-eine-Rose-Tag“, wobei es natürlich schön ist, einer Frau eine Rose zu schenken, aber dafür sollte dieser Tag nicht missverstanden werden. Er entstand als Initiative sozialistischer Organisationen in der Zeit um den Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichberechtigung, das Wahlrecht für Frauen und die Emanzipation von Arbeiterinnen. Am 8. März 1917 streikten in Sankt Petersburg die Bewohnerinnen der armen Stadtviertel. Arbeiterinnen, die Ehefrauen von Soldaten und erstmals auch Bäuerinnen gingen gemeinsam auf die Straße und lösten so die Februarrevolution aus. Zu Ehren der Rolle der Frauen in der Revolution wurde auf der Zweiten Internationalen Konferenz kommunistischer Frauen 1921 in Moskau der 8. März als internationaler Gedenktag eingeführt.

Frauen dürfen seit der Wahl der Deutschen Nationalversammlung am 19.01.1919 in Deutschland wählen. Erst seit 1958 dürfen Frauen ohne sich von dem Ehemann oder dem Vater eine Erlaubnis holen zu müssen, den Führerschein machen. Weitere 18 Jahre mussten ins Land gehen, bis 1976 eine Frau ohne Erlaubnis eines männlichen Familienmitglieds einer Arbeit nachgehen durfte.

Mal ehrlich, ist das nicht unglaublich? Was wir heute für selbstverständlich halten, haben sich die Frauen vor rund 100 Jahren mühevoll erkämpfen müssen.

Auch wenn sich der Streik der Frauen heute schon zum 101. Mal jährt und sich die Lebensverhältnisse der Frauen in den letzten 101 Jahren sehr verbessert haben, sind wir noch weit davon entfernt, dass Frauen* und Männer* tatsächlich gleichgestellt und gleichberechtigt sind. Nach Artikel 3 Absatz 2 und 3 sind Männer und Frauen gleichberechtigt und niemand darf auf aufgrund seines*ihres Geschlechts diskriminiert werden – wer aber denkt, dass diese Gleichberechtigung faktisch durchgesetzt ist, irrt.

Noch heute sind Frauen im deutschen Bundestag deutlich in der Minderheit mit einem Frauenanteil von 30,9% – Spitzenreiter in dieser Statistik ist übrigens Ruanda mit 56,3 % Frauen im Parlament. In Deutschland werden Frauen für die gleiche Arbeit wesentlich schlechter bezahlt als Männer. Bei der Jobsuche gilt zwischen Mann und Frau leider in keinster Weise Gleichberechtigung. Männer werden in gut bezahlten Positionen bevorzugt eingestellt. aus „Angst“, Frauen können ja schwanger werden. Im Mai 2015 wurde eine Frauenquote (30% der Führungskräfte müssen demnach weiblich sein) in Führungspositionen eingeführt. Veränderungen sind spürbar, aber sehr langsam. Nach Aussage der ehemaligen Familien- und Frauenministerin Manuela Schwesing in einem am 08.03.2017 erschienenen Artikel bei Spiegel-Online würde es, vorausgesetzt die positive Entwicklung setzt sich fort. weitere 60 Jahre dauern, bis gleich viele Frauen wie Männer in den Vorständen der deutschen Top200-Unternehmen sitzen. Frauen haben nach Ende der Erziehungspause kaum die Möglichkeit, wieder in den Beruf einzusteigen und müssen nach der kinderbedingten Abwesenheit sehr häufig auf einen Großteil der Bezahlungen verzichten!

Frauenfeindlichkeit und Sexismus sind leider auch heute noch tief verankert in unserer Gesellschaft. Sehr viele Frauen werden täglich von irgendwelchen fremden, widerlichen Schweinen zwischen den Beinen oder am Gesäß berührt. Sogar der US-Präsident brüstete sich, wie einfach es sei, Frauen und Mädchen in den Schritt zu fassen. Das ist schlichtweg widerlich! Dass Sexismus uns im Alltag täglich begegnet, fällt auch bei genauerer unserer verwendeten Sprache auf! So hat es sich leider eingebürgert, beispielsweise das Wort “pussy” (engl. für das weibliche Geschlechtsteil) in der Umgangssprache als Synonym für “Schwächling” etabliert hat. So wird das typisch weibliche Rollenbild aufrecht erhalten, obwohl Frauen mit Sicherheit nicht das “schwache Geschlecht” sind!

Einfach nur ekelhaft!

Wir fordern:

– mehr Frauen in Führungsposition
– gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit unabhängig vom Geschlecht des*r Arbeitnehmer*in
– strikte Durchsetzung der Frauenquote – die Nichteinhaltung der Quote sollte Sanktionen nach sich ziehen
– Striktes Durchgreifen und Sanktionen gegen Sexismus

In diesem Sinne wünschen wir einen schönen Weltfrauentag! Wir werden niemals die Hoffnung verlieren, dass wir irgendwann mal in einer Welt leben können, in der Männer und Frauen tatsächlich gleichberechtigt sind und die Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht nur als hohle Floskel im Grundgesetz steht!

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