GESUNDHEIT ÜBER FREIHEIT?

Niemandem sind die einschneidenden Maßnahmen entgangen, welche die Bundesregierung im Kampf gegen die Covid19-Epidemie ergreift, und die in Bayern meist noch einen Ticken schärfer daherkommen. Die meisten Menschen begrüßen diese Maßnahmen, da sie zu ihrem Schutz dienen sollen, zugleich stellen sie die extremsten Eingriffe in die Grundrecht seit 1945 dar. Ist das Infragestellen der Maßnahmen bereits ein Angriff auf die Gesundheit der Bürger*innen? Wie sollen wir mit dem Dilemma umgehen?

Zunächst ein Überblick, welche Maßnahmen in der Bundesrepublik und in Bayern getroffen wurden, und inwiefern sie Grundrechte und demokratische Regeln berühren:

Kontakteinschränkungen und Besuchsverbote berühren die allgemeine Handlungsfreiheit, wie sie Artikel 2 des Grundgesetzes festlegt, die Schließung der meisten Betriebe berührt die Freiheit der Berufswahl nach Artikel 12. Die Freizügigkeit aller Bundesbürger*innen nach Artikel 11 ist auch nur bedingt gegeben, wenn nur noch triftige Gründe Reisen gestatten. Das Verbot von Gottesdiensten schränkt die Religionsfreiheit nach Artikel 4 ein.

Dies ist nur möglich, da diese Grundrechte im Moment dem Artikel 2, Absatz 2 untergeordnet werden, dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Konkret bedeutet das, dass die Menschen durch die aktuellen Maßnahmen in Deutschland vor einer Schädigung durch Covid-19 möglichst geschützt werden sollen. Dass hier mehrere Grundrechte kollidieren, ist aber unverkennbar. Ein Eingriff in die oben genannten Grundrechte ist auch nur auf gesetzlicher Grundlage möglich, in diesem Fall das Bundesinfektionsschutzgesetz bzw. das Bayerische Infektionsschutzgesetz. Doch Zweifel bleiben, ob das Handeln von Staat und Polizei in letzter Zeit immer in Einklang mit Recht und Gesetz gewesen ist.

Und diese Zweifel dürfen auch geäußert werden! Zwar ist die Akzeptanz des staatlichen Vorgehens noch immer hoch, da es ja schließlich um den Schutz von Leib und Leben von sehr vielen Menschen geht. Doch ist der Staat auch dazu verpflichtet, derart starke Einschränkungen der Grundrechte stets zu überprüfen, von Neuem abzuwägen und nach milderen Mitteln zu suchen, um die Menschen in Deutschland zu schützen. Dazu ist ein breiter Diskurs in der Gesellschaft nötig. Kritische Stimmen dürfen nicht pauschal denunziert werden, dass sie allzu leichtfertig mit dem Leben tausender umgehen würden.

Um eine kritische Begleitung staatlichen Handelns, insbesondere unserer Mutterpartei als Teil der Bundes- und mehrerer Landesregierungen, werden wir Jusos jedenfalls nicht verlegen sein.

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