Ein Rückblick zur Veranstaltung des AK-Sportpolitik

Unter diesem Motto fand am 28. Mai die erste Online-Diskussionsrunde des AK Sportpolitik der Jusos Oberbayern statt. Auf dem virtuellen Podium waren mit dabei:

  •       Manuel Sontheimer, Mitarbeiter im Fanprojekt Augsburg,
  •       Alexander Fischer, Sprecher vom „Club Nr.12“ aus München
  •       Magdalena Wagner, Vorsitzende der Jusos Oberbayern und Bundestagskandidatin in Erding-Ebersberg
  •       Carmen Wegge aus dem Juso-Landesvorstand und Bundestagskandidatin in Starnberg-Landsberg-Germering

Der Sport steht für Werte wie Fairness, Respekt, Vielfalt und Zusammenhalt. Sport bringt die Menschen weltweit zusammen und gerade Fußball als der populärste Sport muss sich seiner Verantwortung und Vorbildfunktion bewusst sein. Trotzdem findet die Fußballweltmeisterschaft 2022 im Wüstenstaat Katar statt. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge sterben dort auf den Baustellen für die WM-Stadien Gastarbeiter*innen.  Der Guardian berichtete von bereits mehr als 6500 gestorbenen Menschen im Zusammenhang mit der WM 2022. Für das größte Fußballereignis der Welt geht man in Katar also auch über Leichen. Und das alles nur, um die Stadien möglichst schnell und billig fertigzustellen und das in einem der reichsten Länder der Welt.

Bereits im Jahr 2010 wurde Katar als Austragungsort für die Fußballweltmeisterschaft 2022 ausgewählt. Auch die WM 2018 in Russland ist ein Beispiel dafür, dass große sportliche Ereignisse von fragwürdigen (autokratischen) Regimen genutzt werden, um ihr Image zu verbessern. Nicht nur deshalb hat die Vergabe an Katar einige Fragen aufgeworfen. So ist in Katar keine Fußballkultur und keine starke und traditionsreiche heimische Liga vorhanden.  Auch das Klima ist für eine Weltmeisterschaft, die gewöhnlich im Sommer stattfindet, völlig ungeeignet, da während dieser Zeit die Temperaturen viel zu hoch sind. Deshalb wurde die WM kurzerhand in den Winter verlegt und stellt die großen nationalen Ligen vor enorme Herausforderungen und Probleme.

Neben diesen sportlichen und organisatorischen Schwierigkeiten steht Katar seit Beginn der Bauarbeiten in der Kritik, da die Menschenrechte massiv verletzt werden und die Gastarbeiter*innen unter unwürdigen Bedingungen leben und arbeiten müssen. Außerdem ist Homosexualität in Katar eine Straftat und wird schwer bestraft. Diese Umstände sorgen dafür, dass Katar nicht für ein solches internationales Event geeignet ist. Der Fußball, der die verschiedensten Menschen verbindet, kann unter solchen Bedingungen seiner gesellschaftlichen Vorbildfunktion nicht gerecht werden.

In Katar gibt es das sogenannte „Kafala-System“, dass die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für ausländischen Gastarbeiter*innen an eine Person oder ein Unternehmen aus Katar bindet. So sind sie stark abhängig und können ihren Arbeitsplatz nicht frei wählen. Offiziell wurde dieses System 2014 abgeschafft, es existiert aber unter anderem Namen weiter und schränkt die Rechte der Gastarbeiter*innen ein.

Berichten von Sport Inside zufolge leben die Gastarbeiter*innen in heruntergekommenen Unterkünften und teilen sich mit vielen anderen ein Zimmer und leiden insgesamt unter enorm schlechten Hygienebedingungen. Viele von ihnen erhalten auch keine oder erst stark verspätete Gehaltszahlungen von ihren Arbeitgeber*innen und können so ihre Familien nicht mehr weiter unterstützen. Offiziell wurde ein Mindestlohn für die Gastarbeiter*innen eingeführt und Unternehmen, die keinen Lohn auszahlen, sollen bestraft werden.

Die deutsche Nationalmannschaft hat sich vor ihrem Spiel gegen Island für Menschenrechte ausgesprochen. Auf den Trikots der Spieler stand “Human Rights”, also “Menschenrechte”. Diese kleine Aktion zeigt zumindest ein grundsätzliches Problembewusstsein beim DFB auf, jedoch ist dies aus unserer Sicht und der Sicht vieler Fußballfans nicht ausreichend. Zwar kritisieren einige Nationalspieler Katar als Austragungsort, haben sich aber von einem Boykott distanziert. Diese Haltung begründen sie damit, dass es aus ihrer Sicht jetzt zu spät ist, da man bereits die Vergabe hätte verhindern müssen.

Und tatsächlich stellt sich die Frage: Würde ein Boykott überhaupt funktionieren?

Die Mehrheit der Menschen in Deutschland spricht sich zwar für einen Boykott der WM aus, doch welche Auswirkungen würde es haben, wenn zumindest die Fans die Weltmeisterschaft boykottieren würden? Die Fernseheinnahmen wären immer noch enorm hoch und die große Masse der „Ich schaue nur die WM“-Fußballfans würde sich das Turnier wohl trotzdem ansehen. Ein Boykott einzelner Fans ist wenig wirkungsvoll und würde wohl keinen wirklichen Effekt haben. Ein Boykott der Weltmeisterschaft durch ein Nationalteam würde hingegen ein starkes Zeichen setzen. Da es bei den Nationalmannschaften keine organisierte Fanszene wie bei den Vereinen gibt, ist ein Fanboykott nicht so wirkungsvoll wie im Vereinsfußball.

Leider diskutiert nur der norwegische Fußballverband aktuell darüber, ob sein Team an der WM teilnehmen soll. Als gutes Vorbild kann ein Rasenhersteller aus den Niederlanden gesehen werden. Dieser hat bereits ein Zeichen gesetzt, indem er die Zusammenarbeit mit der FIFA und mit Katar abgelehnt hat und keinen Rasen für die WM liefern wird.

Es entstand auch insgesamt eine Diskussion darüber, ob sich Sportler*innen politisch äußern sollten und so ihre enorme Reichweite nutzen können. Als positives Beispiel wurde hier Leon Goretzka hervorgehoben, der sich immer wieder gegen Rassismus einsetzt. Durch die klare Äußerung von Spielern wie Goretzka hätte man die Möglichkeit den Rassismus in den Stadien einzudämmen, wenn sich die Spieler auch dann klar dagegenstellen. 

Im Sport gibt es nämlich noch einige Probleme, die angegangen werden müssen. Der Rassismus, der Spieler*innen entgegenschlägt, muss konsequent verurteilt und bestraft werden. Es muss der Raum geschaffen werden, dass sich auch bei den Herren Spieler outen können, ohne dass sie Anfeindungen und Beschimpfungen ertragen müssen. Der Sport und insbesondere der Fußball muss sich zurück auf seine Wurzeln besinnen und endlich wieder mehr auf die Menschen und die Fans setzen statt auf Kommerz!

Autor*in
Reka Molnar
stellv. Vorsitzende der Jusos Oberbayern
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