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Verschwörungstheorien erkennen!

Alle reden von Verschwörungstheorie – aber was ist das eigentlich?

Verschwörungstheorien – oder besser Verschwörungsideologien – zeichnen sich durch eine sehr ähnliche Struktur aus. Der*die Verbreiter*in behauptet, geheimes Wissen zu haben, welches der Allgemeinheit vorenthalten bleibt. 

Dabei steht im Zentrum, dass eine oder mehrere Personen der Bevölkerung etwas Böses wollen und deshalb Maßnahmen ergreifen. Diese Schuldigen sind nur auf den eigenen Vorteil aus und nehmen Nachteile für andere bewusst in Kauf. Sie beeinflussen das Weltgeschehen im Verborgenen. Das ist wegen der Verborgenheit natürlich nur sehr schwer nachvollziehbar – außer für die Verschwörungsideolog*innen, denn sie kennen geheime Informationen und stützen sich auf Beweise – die nur leider gar keine sind. Behauptungen werden mit möglichst vielen, aber selten seriösen oder gar “wissenschaftlichen” Quellen belegt; Zitate werden aus dem Kontext gerissen oder es werden Untersuchungen genutzt, die bereits widerlegt sind. Im Bezug auf Corona werden zum Beispiel gerne ältere Zitate von Virolog*innen aufgegriffen, die im Widerspruch zur aktuellen Haltung stehen. Das heißt aber nicht, dass Virolog*innen vor einigen Wochen Quatsch erzählt haben, sondern vielmehr, dass neue Erkenntnisse neue Empfehlungen zur Folge hatten. Die Entdeckung und Erforschung eines neuen Virus ist komplex. Es kann dabei zu Irrwegen kommen, es kann sein, dass alte Aussagen revidiert werden müssen. Die Forscher*innen haben also etwas Neues über den Virus gelernt. Dies Nachzuvollziehen liegt Verschwörungsideolog*innen fern. Schließlich wissen sie längst, was “die eine Wahrheit” ist. Diese bietet für jede Frage eine Antwort, Widersprüchlichkeiten werden mit den Machenschaften der geheimen Organisationen, die die Welt beherrschen, erklärt. Und damit möglichst viele Menschen die Theorie der Verschwörungsideolog*innen glauben, setzen sie neben den angeblichen “Beweisen” und der Allumfassenheit durch Antworten auf alle Fragen auf ein weiteres psychologisch wirkungsvolles Instrument: Wiederholungen. Wenn eine gleiche oder ähnliche Information von mehreren Menschen oder auch nur von einer Person immer wieder ausgesprochen wird, setzt sie sich im Gehirn fest. Deshalb verweisen Verschwörungsideolog*innen häufig auf eigene, ältere Videos oder auf die Videos befreundeter Ideolog*innen. 

 

Was tun, wenn im eigenen Umfeld Menschen Verschwörungsideologien glauben?

Erstmal vorne weg: Es ist keine leichte Aufgabe, fast eine unmögliche Verschwörungsideologi*innen von ihrem Glauben zu befreien. Diese Menschen sind selten erreichbar für sachliche Argumentationen. Wir möchten euch hier einige Tipps für den Umgang mit Verschwörungsideolog*innen in eurem Bekannten- oder Freund*innenkreis und dem gesamten näheren Umfeld geben, welche auch dazu dienen sollen euch selbst zu schützen. 

Keine unnötige Kraft und Zeit investieren: 

Bereits nach kurzer Zeit wird in einem Gespräch ersichtlich, ob die Person dir gegenüber zugänglich für wissenschaftliche Erkenntnisse ist und bereit ist sich mit der Komplexität von verschiedenen Themen zu befassen. Solltest du merken, dass das nicht der Fall ist, hat es keinen Sinn eine Debatte zu führen. Denn diese wird nicht fruchtbar sein und kann für einen persönlich sehr belastend werden.

Scheinargumente und rhetorische Methoden erkennen:

Verschwörungsideolog*innen verwenden oft ähnliche rhetorische Methoden, um fehlende Beweise zu verdecken oder ihre Unsicherheit zu überspielen. Diese zu erkennen, schafft mehr Sicherheit und erleichtert die eigene Argumentation. Es hilft auch sie mit den verwendeten Mechaniken zu konfrontieren und aufzuzeigen, dass man sich nicht davon beirren lässt. Die häufigsten Methoden erklären wir euch hier: 

Ad Hominem:

Es wird versucht deine These oder dein Argument mit Angriffen auf deine persönlichen Umstände zu entkräften und dich in Misskredit zu bringen. So will man einer konstruktiven Diskussion aus dem Weg zu gehen. 

Bezogen auf Verschwörungsthesen wird oft behauptet man sei “ein Schlafschaf” oder “verblendet und manipuliert durch korrupte Politik/Medien”.

Weise deine*n Gesprächspartner*in hier darauf hin, dass es in einer Auseinandersetzung um die Sache gehen sollte, und bitte sie, Gesprächsregeln zu beachten. Führen diese Hinweise nicht zu einer Besserung der Gesprächsqualität, brich das Gespräch ab.

Beweislastumkehr:

Grundsätzlich gilt die Beweislast ja bei der Person, die eine These in den Raum stellt. Mit diesem rhetorischen Mittel wird aber versucht durch die Umkehr der Beweislast das Fehlen von Beweisen für die These zu vertuschen. Man versucht praktisch eine Behauptung darauf zu stützen, dass dir der Beweis fehlt, der das Gegenteil belegt. Solltest du den Beweis erbringen können, wird eben die Quelle angezweifelt.

Konfrontiere dein*e Gesprächspartner*in gegebenenfalls damit und zeige ihr, möglicherweise an einem Beispiel auf, warum diese Strategie der Argumentation ins Leere läuft (z. B.: „Wenn ich behaupten würde, dass ich ein Einhorn gesehen habe, würdest du mir das doch auch nicht einfach glauben, sondern – zu Recht – Beweise verlangen.) 

Cui bono-Fehlschluss:

Das ist vermutlich das beliebteste und auch das offensichtlichste Mittel von Verschwörungsideolog*innen. “Cui bono” kommt aus dem Lateinischen und bedeutet “Wem nützt es?” Vielleicht kennen der eine oder die andere diese Begrifflichkeit aus der Kriminalistik, denn damit wird die Frage gestellt, ob jemand einen Vorteil daraus zieht eine bestimmte Tat zu begehen und somit ein Motiv hat. 

Ähnlich funktioniert das auch bei Verschwörungsthesen. Passieren zum Beispiel gravierende Ereignisse in der Welt, werden vermeintliche Profiteur*innen auch als Verursacher*innen dieser Ereignisses betrachtet. In der aktuellen Lage ist es zum Beispiel die Pharmaindustrie, die in den Augen von Verschwörungsideolog*inen den Corona-Virus verbreitet, um Geld zu verdienen, oder eben die Regierung, um unsere Freiheitsrechte einzuschränken. 

Gish-Galopp:

Bei dieser Methode schüttet der*die Verschwörungsideolog*in dich mit einer Flut von Halbwissen und Halbwahrheiten zu und gibt dir gar nicht die Möglichkeit darauf zu reagieren. So galoppiert die Person quasi durch das Gespräch und wirkt schlagkräftig und allwissend, während du nicht hinterher kommst die Vielzahl an Argumenten zu widerlegen und es für dich unmöglich wird auf alle vorgebrachten Punkte einzugehen.

Lieber Beleg, statt komplette These widerlegen:

Versuche nicht eine Verschwörungsthese im Gesamten zu widerlegen, denn es gibt ja nicht mal anerkannte Belege für die These. Konzentriere dich darauf die Belege auseinanderzunehmen, die dir als Beweis vorgetragen werden. 

Zu beachten ist auch, dass Verschwörungsthesen oft einen sehr kleinen, zutreffenden Kern besitzen. Erkenne diesen und grenze ihn von Mutmaßungen ab. Da dies in der Regel viel Zeit und Wissen voraussetzt, nutze schon vorhandene Faktenchecks.

Hinterfrage die Exklusivität des Wissens des*der Verschwörungsidiolog*in:

Wie kommt es, dass tausende Journalist*innen von der angeblichen “Wahrheit” nicht berichten und nur ein kleiner Kreis mitbekommt, was angeblich vor sich geht? Wird dem mit “weil die alle von der Regierung gesteuert sind” entgegnet, kannst du das Gespräch gleich abbrechen. Zeigt sich dein Gegenüber offen, besteht hier die Möglichkeit zu erklären wie Journalismus funktioniert, wie wissenschaftliche Erkenntnisse erlangt werden und wie diese veröffentlicht werden. Vielleicht kannst du deinem Gegenüber auch nochmal den Unterschied zwischen Meinung und Fakten erklären. 

Hintergründe zu den Quellen der Verschwörungsideologie verdeutlichen: 

Oft sind die Personen hinter der Verbreitung nicht nur verschwöhrungsideologisch unterwegs, sondern auch rassistisch und antisemitisch. Viele Blogs oder Youtubekanäle, auf denen diese Thesen zu finden sind, verbreiten auch menschenverachtendes Gedankengut. Indem man diese Verbindungen aufzeigt, bringt man das Gegenüber vielleicht dazu, die Inhalte zu hinterfragen. 

Angebote schaffen:

Solange eine sachliche Kommunikation noch möglich ist, kannst du deinem Gegenüber ehrliche Angebote machen, sie*ihn über Verschwörungsideologien zu informieren, und anbieten, seriöse Quellen für die von der Person angesprochenen Sachverhalte zu liefern. Öffne der Person eine Möglichkeit raus aus dem Verschwörungswahn und erkläre ihr, dass du dich von ihr distanzierst, wenn sie weiterhin gefährliche, meist antisemitische und rassistische Verschwörungsthesen vertritt, weil das für dich inakzeptabel ist. Hole dir hierbei Unterstützung von gemeinsamen Freund*innen.

Leider kann es sein, dass all dies nichts bringt und die betroffene Person sich nicht mehr aus den Fängen der Verschwöhrungsideologien befreien lässt. Hier muss man sich darauf vorbereiten diese Person zu verlieren und das tut weh. Man könnte es mit Sektenmitgliedern vergleichen, die sich auch nicht nur durch Gespräche von ihrem Weg abbringen lassen, weswegen du dir keine Vorwürfe machen darfst, wenn du es nicht schaffst dein Gegenüber zu überzeugen. Suche dir Unterstützung bei Freund*innen und Familie, damit du den Weg nicht alleine gehen musst und sprich mit ihnen über deine Bedenken. Verhindere, dass der*die Verschwörungsideolog*in deine Kontakte und Netzwerke nutzt, um ihre Thesen zu verbreiten. Leider gibt es zur Isolation des*der Verschwörungsideolog*in keine wirkliche Alternative. 

Weil es natürlich besser ist es gar nicht so weit kommen zu lassen, sollte man seine Augen und Ohren bei Personen offenhalten, die zu Irrationalismus neigen, um diese eventuell aufklären zu können bevor sie in die Szene der Verschwörungsideolog*innen abrutschen. Anzeichen dafür sind zum Beispiel der Glaube an Alternativmedizin wie Homöopathie, Spiritualität oder eine skeptische bis ablehnende Haltung zu Wissenschaft oder Impfungen. Auch geringe politische Bildung führt dazu, dass man für eine einfache, in diesem Moment logisch klingende Erklärung erreichbar ist, da man die Komplexität der Sachverhalte nicht kennt oder nicht versteht. Natürlich soll es nicht bedeuten, dass alle Menschen in deinem Umkreis, die an die Wirkung von Homöopathie glauben, auch zu Verschwörungsideolog*innen werden! 

Wenn du dich mit Menschen austauschen möchtest, die sich professionell mit dem Umgang mit Verschwörungsideologien befassen, stehen dir Stellen wie die “Mobile Beratungsstelle gegen Rechts” des Bayerischen Jugendrings oder auch die “Amadeu Antonio Stiftung” zur Verfügung.   

 

Seiten, die Fakten checken: 

mimikama.at

coorectiv.org

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