Die Ausgangslage

Im Sommer 2005 leitete die Betreibergesellschaft des Flughafens München einen Raumordnungsbeschluss zum Bau einer dritten Start- und Landebahn ein. Damit soll auch in Zukunft ein weiteres Wachstum der Flugbewegungen ermöglicht werden. Nach mehreren zehntausend Einwendungen erging im Sommer 2011 der Planfeststellungsbeschluss durch die Regierung von Oberbayern. Etliche Klagen folgten. Im Sommer 2015 war die Angelegenheit schließlich in letzter Instanz entschieden. Spätestens seit dieser Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht besteht Baurecht. Im Sommer 2012 konnten die Startbahngegner*innen jedoch einen Bürgerentscheid in München für sich entscheiden. Aufgrund der Rechtsform des Flughafens als GmbH ist für solche Entscheidungen ein einstimmiges Votum der Gesellschafter*innen notwendig; die Stadt München hält 23% der Anteile am Flughafen. Durch den Bürgerentscheid ist die Stadt derzeit dazu verpflichtet, in den Entscheidungsgremien des Flughafens gegen den Bau der Startbahn zu stimmen. Ein Jahr nach dem Bürgerentscheid lief dessen Bindungsfrist aus. Seit Sommer 2013 kann er vom Münchner Stadtrat also jederzeit aufgehoben werden. Die Münchner SPD hat bisher wiederholt versichert, den Bürgerentscheid nicht im Stadtrat aufheben zu werden. Die CSU strebt daher eine Umwandlung des Flughafens in eine Aktiengesellschaft an, um die Bahn auch gegen den Widerstand der Stadt bauen zu können.

Die Gegenargumente

Gegen eine zusätzliche Startbahn sprechen vielerlei Argumente. Zunächst würde sich durch noch mehr Flugverkehr für die Bevölkerung eine erheblich höhere Lärmbelastung ergeben. Dass Lärm krank macht, ist wissenschaftlich gesichert. Die Artenvielfalt im ursprünglich ökologisch sehr wertvollen Erdinger Moos würde weiter reduziert werden. Das Problem der Flächenversiegelung in der Region würde sich durch den Bau einer zusätzlichen Startbahn weiter verschärfen. Der Flughafen führt darüber hinaus an, der Bau der Bahn würde mehrere tausend Arbeitsplätze schaffen. Das mag sein, aber wo sollen diese Leute und ihre Angehörigen wohnen? Wohnraum ist in der Region so knapp wie nie, ein weiterer Zuzug würde die Lage nicht verbessern. Bisher beteiligt sich der Flughafen nicht in nennenswerten Ausmaß an Bau von Wohnungen. Werkswohnungen, wo Beschäftigte dauerhaft leben können, gibt es nur in sehr geringem Umfang. Darüber hinaus profitieren nur eine Hand voll Gemeinden von den Gewerbesteuerabgaben des Flughafens, während die Mehrausgaben in der Infrastruktur und die Belastungen durch den Flugverkehr vom gesamten Umland zu tragen sind. Ein weiteres Problem, das erst seit zwei Jahren thematisiert wird, ist die Belastung durch Ultrafeinstaub (UFP). Während die Feinstaubbelastung von Straßenverkehr räumlich auf wenige Meter begrenzt ist, werden die viel leichteren UFP durch Flugverkehr kilometerweit verweht. Gleichzeitige Messungen des Bürgervereins Freising im Luv und im Lee des Flughafens belegen einen Anstieg an UFP durch den Flughafen um den Faktor 5. Bei den gesundheitlichen Gefährdungen durch UFP besteht zunehmend wissenschaftliche Gewissheit. Dennoch gibt es bisher keine gesetzlichen Grenzwerte. Die CSU-Landtagsfraktion war bisher sehr fleißig, sämtliche Bestrebungen für die Einrichtung von Grenzwerten auf europäischer Ebene zu blockieren. Der meiste Anteil an UFP entsteht beim Rollen der Flugzeuge. Hier könnten mittelfristig elektrische Antriebe am Boden zu einer Verbesserung der Situation führen.

Die Verkehrslage

Das grundsätzliche Problem des Flughafens ergibt sich aus der Standortwahl, die Ende der 60er von der CSU-Staatsregierung nach nicht nachvollziehbaren Kriterien getroffen wurde. Mitten ins Erdinger Moos wurde ein Großflughafen ohne jede Anbindung gesetzt. Heute ist der Flughafen lediglich über die A92 und die S-Bahnlinien S1 und S8 angebunden. Dadurch ergibt sich insbesondere für Zubringerflüge ein erheblicher Zeitvorteil gegenüber der Bahn, was einen hohen Anteil von Kurzstreckenflügen zur Folge hat. Anders als beim Frankfurter Flughafen gibt es keine Fernverkehrsanbindung. Eine Anbindung des Flughafens an die Bahnstrecke München – Ingolstadt würde in der Region mit Sicherheit kontrovers diskutiert werden, denn auch hier ergäben sich neue Belastungen und Betroffenheit für die Bevölkerung. Wenn sich dadurch aber der Anteil an Kurzstreckenverbindungen reduzieren lässt und so Slots freiwerden, sollten wir diese Debatte nicht scheuen.

Victor Weizenegger

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